Interview mit Die Mimmi's (25.03.2006)

Eine spontane Idee brachte mich zu einem gut-unprofessionellen Interview, mit einer meiner frühen Helden, Legenden, angenehmen Menschen, Punkern, Musikern und echten Bühnensäuen - nach wie vor – Die Mimmis.
In diesem Jahr gibt es zu all dem Glück, auch noch was zu feiern. Die Mimmis haben in diesem Jahr ihr 25jähriges Bandbestehen, eine Geschichte die ebenso Abwechselungsreich, wie die Punkgeschichte selbst klingt, ihre großen Momente hatte, immer wieder hervorbringt und in ihrer Präsens, dem Nachwuchs in nichts nachstehen. Über Das, das Leben, den Punkgeschmack, hier zu leben und vieles mehr, hatte ich die Chance mit Fabsi in einer runden Stunde zu sprechen. Aber lest selbst, was im Keller der Monofraktur, alles zu Sprache kam.

Link: Hallo Fabsi! Ich fühle mich geehrt (geehrt, geehrt) hier zu sitzen. OK.! Ich hab jetzt dem Internet entnommen, dass Deine Stimmbänder operiert wurden – vor nicht all zu langer Zeit. Wie geht’s Dir jetzt?

Fabsi: Also, die Stimmbänder wurden operiert, ich hatte bei der letzten Tour, im April, da sind wir hier aufgelaufen in München, und da konnte ich ja nicht singen - weil ich Pause machen musste, weil die Stimmbänder ganz weg waren. Und zwar hatte ich mir Bakterien im Schwimmbad, in Trier geholt. Die haben sich auf die Stimmbänder gelegt und haben das komplett platt gemacht - angegriffen das Ganze. Und das haben wir dann nicht mehr in den Griff bekommen, und dann musste ich operiert werden. Das musste ausgeschält werden. Und dann habe ich eine Opernlogopätin getroffen, die mir erstmal, das 1 mal 1 vom Singen beibrachte. Und die hat mir dann gesagt, ich müsste mir einen Pari-Boy besorgen – den hab ich dann von der Kasse verschrieben bekommen. Seitdem inhaliere ich jetzt jeden Morgen, früh mit Pepanten. Und dann mach ich vorm Konzert halt meine Übungen, damit das alles irgendwie halb geschmeidig wird. Natürlich bin ich immer noch nicht der geborene Sänger, aber die Stimme hält jetzt endlich, und sie hält auch über längere Zeit – sie ist im Konzert nicht mehr Heißer. Und ich hab mir daraufhin auch noch In-Ear-Monitor besorgt, damit ich nicht immer, also over Monitor singen muss, und dann immer pressen muss, sondern ich höre mich phantastisch -und bin glücklich auf dieser Tour.

Link: Danke! OK! Ich mach jetzt mal mit was weiter, was mir gestern mehr zufällig in die Hände gekommen ist. (Danke an die "Zeit") Ich frag Dich kurz was, und Du antwortest kurz!?

Fabsi: Ja!

Link: Ist das Möglich?

Fabsi: Ja.

Link: Wenn Dir jemand sagt: Ich bin…, was sagst Du dann?

Fabsi: Was?

Link: Du bist….. ? (breites Grinsen - stand über den ganzen Fragen)

Fabsi: Ich bin Düsseldorfer!

Link: Ich suche? Pause. Du bist Künstler! Du bist wahrscheinlich auf der Suche?

Fabsi: Ich suche nie was. Ich suche immer das Wohlbefinden meines sehr netten Umfelds!

Link: Ich merke schon, das wird interessant. Mein Beruf hat zu tun mit?

Fabsi: Musik!

Link: Held Deiner Jugend?

Fabsi: Peter Meyer

Link: O.K., kannst Du da noch ausholen? – sagt mir jetzt nicht so viel.

Fabsi: Ach, Nein!? (Lachen) Held meiner Jugend, kann man in der Form nicht sagen. Ich war früher unheimlicher Eishockeyfan, und bin dann auch mal durch Zufall ins Fußballstation geraden. Und da war ein Fußballspieler da, der hieß Peter Meyer. Der war bei Fortuna Düsseldorf Mittelstürmer – das wäre eigentlich damals so der Gerd Müller geworden. Neben dem Gerd Müller, dem berühmten Gerd Müller aus Bayern, von Bayern München. Und da hat man dem irgendwann die Beine weggesäbelt – hat ja seine gebrochen gehabt. Und Peter Meyer war so ’n Idol, weil er einfach auf der Erde war, weil er in die Altstadt gegangen ist und ´nen Bierchen getrunken hat, war also ein unheimlicher, sehr sympathischer Fußballspieler. Und ich habe von ihm immer, als Talisman in meinem Portmonee, das Autogramm. Der ist dann später, von Düsseldorf nach Gladbach gegangen und hat da noch ein Jahr gespielt, und dann war Feierabend - hat diesen schweren Unfall gehabt, und ich trage es immer bei mir. Kann ich sagen Idol. (Lachen).

Link: O.K.! Cool! Weiter. Der Inbegriff der Langenweile ist?

Fabsi: Warten bis ein Konzert losgeht. Pause. Wenn manchmal grausame 4, oder 5 Supporting-Bands sind, die schlechter sind als alles andere – is leider so – muss man so hart manchmal sagen.

Link: Ist das heute auch so?

Fabsi: Nein!

Link: OK. Mein Leben als Buch hieße?

Fabsi: Als Buch?

Link: Als Buch! Mein Leben als Buch!

Fabsi: Mein Leben als Buch?

Link: Der Titel des Buches…..

Fabsi: Please kill me!

Link: Echt?

Fabsi: Ja! – weil „Please kill me“ is – „Please kill me“ is ’n Buch von den zwei New Yorkern geschrieben, die sozusagen das Wort „Punk“ entdeckt haben, oder damals das Fanzine – die haben damals Ihr Fanzine „Punk“ genannt. Daraufhin ist der Name Punk überhaupt entstanden – im Zusammenhang mit Patti Smith und Johnny Thunders und den Heartbreakers und den Dead Boys und so weiter. Aus der Andy Warhol-Zeit.

Link: Und das heißt „Please kill me?“

Fabsi: Ja, das Buch heißt „Please kill me“, wo praktisch diese beiden Autoren, über dieses Leben von Anfang an schreiben, wo und wie Punk entstanden ist – es bezeichnet mein Leben!

Link: O.K. Meine erste Liebe war? Pause. Ich hab erst überlegt, ob ich das raus streichen sollte….(oder nicht, habe aber dann gedacht, warum eigentlich nicht?)

Fabsi: Meine erste Liebe war…

Link: Mmmhmm (begleitet von Kopf nicken)

Fabsi:…..die Tochter meines Lehrers, aus der siebten bis zur neunten Klasse.

Link: Ich dachte, jetzt kommt so was wie: schmerzhaft, oder so…

Fabsi: Überhaupt nicht – wir waren 8 Jahre zusammen, es war eine Superliebe, bis sie mit einem Pastor durchgebrannt ist.

Link: Wie war das? Äh? Nicht ? ’’op de eck’’? – doch ’’op de eck’’?!

Fabsi: op de eck!

Link: …doch schon, ‘’op de eck’’ – schon! (total verplant)Habe ich noch irgendetwas vergessen, was man über Dich, pauschal wissen sollte? – wie Du dich selbst definierst…

Fabsi: Wie ich mich definiere? – och, gemütlicher Rheinländer – viel Humor...

Link: In Bremen lebend …

Fabsi: In Bremen lebend - in Bremen überlebend - ohne Altbier, aber es gibt das ’’Trink gut’’, da kann man auch das Altbier kaufen – das ist eben das, was ich brauche. Das reicht.

Link: O.K. Dieser Tage, bzw. vor 2 Wochen (06.03.06), ist „Du bist Deutschland“ raus gekommen, war Euch das ein Lied wert?

Fabsi: Auf jeden Fall, weil diese Aktion, die schreit irgendwie zum Himmel und schreit: zum Kotzen! Wenn also Sponsoren, wenn sich Firmen zusammen tun, und 30 Millionen sponsern - man weiß noch gar nicht genau, wo sie überall herkommen. Angeblich soll 4 Millionen, Mercedes reingeballert haben und VW, und wie sie alle heißen. Was man heute sieht, und wenn man hört, dass diese ganzen Großindustriefirmen, Entlassungen machen, bis zum geht nicht mehr, und dann steht da irgendwie Boris Becker, Beckmann, Schmidt und unsere Creme de la Creme, dieser ganze Fernsehgesellschaft, inklusive Pocher - wofür ich Ihm eigentlich eine in die Fresse schlagen könnte. Leider. Er is’n guter Typ, aber …, und der sagt mir „Du bist Deutschland“, dann fang ich an zu kotzen – ganz einfach. Ich bin nicht Deutschland! Wir sind nicht Deutschland! Und gerade jetzt, wo die WM ist, muss man das nicht noch unheimlich hin- und herschaukeln. Fängt an mit dem Dosenbierpfand, was wir als einziges Land auf dieser Erde, angeblich aus ökologischen Sachen einführen. Wenn man mal zu einem Konzert, zu einem Großevent geht, dann hast Du noch nie soviel übersäten Boden gesehen - überall Flaschen und Glas. Wenn man den Karneval nimmt, wenn man Fußball nimmt, wenn man Konzerte nimmt, da war die Dose, die man wegwirft und die man einsammelt, viel, viel einfacher. Und wenn die FDP jetzt auch noch sagt: während der WM, für die 6 Wochen, soll das Dosenbierpfand abgeschafft werden, damit die ausländischen Leute, die ja dann in Scharren kommen, dann plötzlich irgendwie nicht das Dosenbier nicht kaufen. Die können das nicht irgendwo abgeben, oder wissen dann gar nicht, was sie damit machen sollen, oder sagen, sie müssen Pfand für die Dose zahlen – das ist zum Beispiel „Du bist Deutschland“. Das geht mir so was von…, dass war’s einfach wert, das absolut zu machen. Das setze ich schon fast gleich, mit „Gebt den Faschisten keine neue Chance“, weil das ist im Moment, wo der Weg lang geht, wir reden uns alles schön – ganz Deutschland redet sich’s schön. Es ist schön – Deutschland ist schön, es ist ein schönes Land und ich lebe gerne hier, aber ich brauch mir nicht zu sagen „Du bist Deutschland“ – was für ein Affentanz…

Link: …also, das wäre jetzt meine nächste Frage gewesen. Ihr seit jetzt seit ´82 unterwegs…

Fabsi: Ja!

Link: …und seit immer noch in Deutschland zu Hause? – also es gibt Leute wie Philip Boa, die z.B. auf Mallorca leben, oder so. Ich denke mal, für euch hätte es auch irgendwann den Punkt gegeben, wo Ihr hättet sagen können: Ich mag nicht mehr, raus hier!

Fabsi: Nee! – weil ich bin hier geboren irgendwie, ich finde es sehr angenehm hier, muss man ganz klar sagen. Wir leben gegenüber anderen Ländern... - fahr mal nach England direkt rüber, oder woanders hin. Hab zwei Amerika-Touren hinter mich gebracht, wo man arbeiten musste.., nicht jetzt mal in Amerika Urlaub gemacht, man musste richtig arbeiten - mit den Busters. Da erlebst Du mal richtig Umme, was hinter den Kulissen los ist. Und da ist dieses Land, verdammt noch mal, da geht’s uns eigentlich richtig gut. Und warum sollte ich eigentlich auswandern? Hier sind meine Freunde, meine Kumpels. Wegen dem Wetter jetzt im Moment, da freu ich mich, wenn der erste Sonnenstrahl wiederkommt – Nee! Nö! Ich sing jetzt auch manchmal Rudi Carrell, „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?“. Aber wegwandern? Nö! Warum? Ich meine, Philip Boa, gehört doch auf eine einsame Insel, so verrückt wie der ist – den erträgt doch keiner. (Lachen)

Link: Das hätte ich so jetzt nicht gesagt…(Lachen) Als Zusatz auf der Single von „Du bist Deutschland“, sind ausgewählte Coverversionen – erstmal, wie kam’s dazu, die Stücke zu nehmen - genau die Stücke -, und dann, wie war das, die Stücke aufzunehmen?

Fabsi: Die Sache war so, das „Du bist Deutschland“..., Elf und Niki kamen mit dieser Idee, sachten: guck mal, das ham wir gemacht – das war im Dezember. Dann haben wir mal gesagt, wir testen das mal live an, und dann haben wir’s live angetestet – bei 6 Konzerten und die Leute sind so drauf angesprungen, als wenn das Stück irgendwie schon Jahre auf Platte war. Also ganz so wie, „Gebt den Faschisten keine neue Chance“. Und dann haben wir gesagt, wir wollen das machen, aber wir waren halt noch nicht soweit, das wir sagen, lass uns das jetzt machen. Wir wollten, und wir hatten zwar andere Stücke noch in Petto gehabt, aber die waren nicht stimmig, da stimmte das Thema nicht. Nee, Du kannst nicht „Du bist Deutschland“ machen, und machst dahinter vielleicht ein heiteren Text, oder irgendwie ’nen Liebestext, das passt in irgendeiner Weise nicht. Und da hatten wir diese Sachen, wie die ZK-Sachen, „Hahnenkampf“, und „Zensur, Zensur“, und „Zurück zum Beton“ - die hatten wir schon Mal mit im Set drin, und Elf sagt, er hat da total Bock drauf, dieses Sachen zu spielen mal. Und da ich nun mal von Z.K. komme - wir beide haben die Zeit miterlebt wie’s is, kam, da haben wir dann gesagt, nehmen wir Das, weil wir hätte die sonst nie auf ´ner LP gemacht. Auf ´ner LP mit Cover-Versionen zu arbeiten, ist immer so müßig, da denkste dann immer, so Lückenfüller. Aber für ’ne Single ist das genial – da kann man solche schöne Sachen mal machen. Und wenn es ’ne 7“inch gewesen wäre, hätten wir’s genauso gemacht, die Sachen hinten drauf gesetzt. Und dann kamen wir halt drauf, weil „Hahnenkampf“ ist für mich einer der Songs, den damals Campino irgendwie mit 15 Jahren geschrieben hat. Mit 15 Jahren, so einen Song zu schreiben - ich meine, das ist so ausdruckstark, dass kannst Du jederzeit, Du kannst das in jedem Jahrhundert, in 100.000 Jahren wahrscheinlich noch hören. "Hahnenkampf", das ist einfach groß, und das schreibt ein 15 Jähriger. Also von diesem Ausdruck, von diesen paar Worten, ist es vielleicht der stärkste Song von Ihm, den finde ich absolut! Das ist absolut! Es gibt ’ne Menge toller Sachen, die die Hosen gemacht haben, aber es ist trotzdem für ein 15 Jährigen unschlagbar. Und deshalb haben wir gesagt, dass ist auch eine kleine Ehrung an Ihn und an diese Band, wo ich habe spielen dürfen. Das war das Schöne, und natürlich irgendwie 110, Prestigestück, sagte Elf, möchte ich gern machen. Ist auch auf ’m Sampler mit Slime - hat er damals immer gehört. Das war’s eigentlich. Und „Zensur, Zensur“ ist wirklich ’ne Stück von mir, was Du auch wirklich in jede Zeit setzen kannst. Ich meine, wir machen heute hier Ende, mit dem Konzert. Danach ist Techno-Disco, und da weißt Du ganz genau, wenn die alle auf Pille sind, und hüpfen rum. Da kannste auch „Zensur, Zensur“ erleben – ich möchte hier in der Ecke stehen, dass ist genau so ’n Ding. Ein phantastisches Stück, ich möchte die Zensierten sehen. Und „Zurück zum Beton“? Ich musste ja so ’n bisschen schwarzen Humor an Tag legen. Als wir nämlich aufgenommen haben, krachten ja die ganzen Hallen zusammen, und dann sag ich, na, siehste, warum baut man nicht mit Beton, anstatt mit Holz? Es war schon makaber, wenn die Thüringenhalle, oder die Eishalle zusammenbrechen - darf man ja nicht so sagen…, aber „Zurück zum Beton“ war wichtig. Es ist einfach ein wichtiges Stück, auch von mir, was ich in Düsseldorf miterlebt habe, in dieser Zeit.

Link: Wo wir jetzt beim Einfluß sind, die Tage, oder vor ein paar Wochen schon, haben Fehlfarben Ihr Jubiläum gefeiert. Haben solche Gruppen wie Fehlfarben oder Ton Steine Scherben, Einfluß auf Euch gehabt?

Fabsi: In keinster Weise! Überhaupt nicht! Nein. Also ZK fing an – ich hab ja ´ne ganz andere Vergangenheit, als Campino, Izi, oder Kuddel, zum Beispiel. Ich bin irgendwie sieben Jahre älter, als Campi. Und ich hab die ganze Hippiezeit erlebt, ich hab Slade erlebt, ich hab Sweet erlebt. Meine erste Band waren die Faces und dann Ten Years After. Ich hab diesen ganzen Rockkram erlebt und der war genial. Damals war er super! Die deutschen Rockbands hab ich gesehen. Von Frumpy – alles, und das war die Zeit. Damit hab ich dann irgendwann abgeschlossen, nachdem ich das erstmal in London war,` 75. Durch Zufall reingeraden, und seh Dr. Feelgood, Johnny Moped und Eddy & the Rodgers. Und danach hatte ich Karten für Pink Floyd, und hab dann Pink Floyd, 14 Tage später in Dortmund gesehen, und ich hab das Kotzen gekriegt. Das war für mich so unpersönlich, dann sach ich: das war Musik, das hab ich vorher noch nie kennen gelernt. Und hier liefen die Menschen auch schon in so komischen Anzügen, mit so Button rum, was man auch überhaupt nicht kannte. Und ich stand in London, mit meiner Latzhose, mit Schnauz und Kreuselhemd, und dann kam ich nach Hause und ich war fix, ich war umgewandelt. Und das hat mich so aufgefressen, aufgewühlt, das hat wirklich da oben was ausgelöst, dass es klick machte. Und dann auch wahrscheinlich..., Du gehst einen anderen Weg. Du gehst, Du machst den Beruf jetzt erstmal weiter, um Moppen zu verdienen. Aber irgendwie wirst Du - da wird was passieren mit Dir. Es ist ja auch passiert, und das, da kann man nicht sagen… Und Z.K.? Wir sind zusammen gekommen, wir haben Stücke gemacht, ohne irgendeinen Einfluß. Den einzigen Einfluß, den wir vielleicht damals... - we’re the Chaoz-Brothers hatten wir gecovert, auf deutsch. Das ist auf so einer Flexi, ein Stück gewesen, was total chaotisch war. Eigentlich musikalisch das schlechteste von den Lurkers. Aber "we’re the Chaoz-Brothers" war so für uns, der Inbegriff von Punkrock, und so wollte Z.K. auch sein. Wir haben uns an gar nichts, auch in keinster Weise, an irgendwas gerichtet - weder Konzertmäßig noch an sonst was. Deswegen kann man nicht sagen, wir haben uns an irgendwelche musikalische Sachen gehalten – so, wir fanden das natürlich geil. Wir fanden alle geil, die wir da waren, das ganze Poolbecken. Früher fanden wir auch gut, wenn irgendeiner auf der Heizung geklopft hat und sich dann noch in toten Fischen rumgewälzt hatte. Kunst und Punk, das war ja in Düsseldorf immer der Zusammenhang.

Link: …um das vielleicht mal zu schließen (also den Kreis), warum ich mich jetzt geehrte fühle, hier zu sitzen – Du wirst es vielleicht nicht glauben, vor 15 Jahren, habt ihr in Thüringen gespielt….

Fabsi: Ja.

Link: …in einer kleinen Stadt, die da heißt Suhl – mit Schließmuskel und Brieftauben….

Fabsi: Ja.

Link: …und das war für mich ein Wendepunkt!

Fabsi: Schön.

Link: …also, das war für mich das erste Konzert…

Fabsi: In Thüringen?

Link: Ja.

Fabsi: Eh, warte mal – in Suhl? Suhl oben? - ja, ja…

Link: Ja.

Fabsi: Da ham´er ja auch noch ein Trick gemacht. Da standen ja noch unheimlich viele vor der Halle, an Leuten. Und der Hausmeister von dieser Riesenhalle, wohl gemerkt, wo ja 5000 rein passen, sagte ja, es ist nur für 1.5 zugelassen. Aber ich sagte, kann doch nicht sein, hier sind doch schon 1.5 drin, die Halle ist doch leer, ja, wie kommst Du denn auf 1.5? Ja, wenn Handballspiele sind, ist 1.5. Ja, ich sag, ist doch bestuhlt immer? – Ja, wenn bestuhlt ist, ist 1.5 sagt er, und ich sag, na ja, aber es ist doch unbestuhlt, da kannste doch mehr rein lassen, da draußen stehen doch noch Leute? Und der wollte es nicht machen, da haben wir die Leute reingeschleust - einfach umsonst, bis der merkte, hier stimmt doch irgendwas nicht, haben wir hinten die Tore aufgemacht….

Link: Wo Du dich scheinbar noch so gut daran erinnern kannst – da gab’s damals noch die Ankündigung, das Nazi’s vorbeikommen wollen…

Fabsi: Ja.

Link: Habt Ihr davon was mitgekriegt?

Fabsi: Davon haben wir nichts…, in Suhl nicht, aber in Görlitz sind wir gar nicht aufgetreten.

Link: Weswegen?

Fabsi: Wir kamen nach Görlitz. Da waren ungefähr 100 Punks und wir kamen aus’m Bus. Und da machte einer das Tor auf, und da war 'n ein so was Fascho-Typen - direkt mit Hakenkreuzbinde, und sagte dann, was will die Punkfotze hier, zu Silke, unserer Bassistin von damals. Und als die Tauben dann ankamen, dann mussten wir wirklich sagen, hier brechen wir ab. Da kamen dann Welche – es kamen Punks an und sagten, hört mal, da gehen so ungefähr 250 von den Faschisten, die gehen vom Bahnhof aus, hier hin – packt ein, haut ab! Das ham wir gemacht. Wir haben das erste Mal abgebrochen, also wir haben gar nicht gespielt. Eingepackt, und haben allen gesagt, weg hier. Und das war auch gut so, weil da ging das Theater richtig los.

Link: Ist euch das in den 80zigern, in Westdeutschland mal passiert?

Fabsi: Ja! Wir hatten in Dortmund `nen Konzert – das war Silvester, mit den Goldenen Zitronen, Rumble on the Beach, Mimmi’s, Rocko Schamonie, und da waren wir unterwegs. Und haben dann im FZW gespielt.

Link: Bei der „We’re the Champions-Tour“ ?

Fabsi: Zur „We’re the Champions-Tour“, und da haben wir im FZW gespielt, und da war ein ganzer Trupp unterwegs. Da war die Adler-Front - hatten sich irgendwie mit der Borussen- Front getroffen, vom Fußball her, und keine Ahnung wie sie darauf kamen - wie sie auf uns gekommen sind. Auf jeden Fall, sind richtig Colaautomaten durch die Fensterscheiben geflogen. Unser Glück war, sie haben ´nen Taxifahrer draußen zusammengeschlagen, der hat den Notknopf gedrückt, und in dem Moment waren alle Taxifahrer da, weil die Bullen… Wir haben 3 Mal die Bullen gerufen, Hallo, hier ist was los! - Wir haben keine Veranstaltung, wir kommen nicht! Und es war wirklich nah dran, mit Baseballschlägern, mit Allem. Wir haben das ein paar mal erlebt, zu Westzeiten. Dadurch ist auch das Stück "Gebt den Faschisten keine neue Chance" entstanden.

Link: So was gibt einen auch zu denken, oder? - wenn die Polizei dann nicht kommt!

Fabsi: Auf jeden Fall! Die sagten dann, ist nicht angemeldet, interessiert uns gar nicht. Als das dann mit den Taxifahrern losging, da war’s dann richtig Bambule. Da ging das dann richtig los, dar.

Link: Du hast jetzt die goldenen Zitronen angesprochen – einmal hab ich jetzt gehört, von den Goldenen Zitronen gibt’s ´n Stück (Statement), das heißt `Ich bin ich, und Du bist Deutschland`

Fabsi: …das kann sein, ich hab’s noch nicht gehört.

Link: Ich, jetzt ehrlich gesagt auch nicht, aber ich habe gehört, das es da, was gibt und das es gut sein soll.

Fabsi: Also, eigentlich was die Zitronen gemacht haben, ist ja immer gut, die Musik hat sich nur verändert.

Link: Ja!

Fabsi: Ich liebe die Jungs! Ich liebe das was sie machen. Das sie einen so dicken Kopf haben, ihre Sachen durchzusetzen. Auch akzeptiere ich, dass sie halt sagen, wir wollen nicht mehr „Porsche, Genscher, HSV“ spielen, aus dieser Zeit. Wir haben halt ´ne andere Zeit, ne? Ich könnte so was nie. Ich bin Mimmi’s! Ich liebe diesen Punk-Rock, wie wir’s machen. Aber sie sind irgendwie den Schritt gegangen, und haben was zu sagen. Sie machen andere Musik in dem Sinne, bleiben aber diser Linie treu, was jetzt die Zitronen ausmacht. Radikal konsequent! (Lachen)

Link: Wo Du das jetzt sagst, ich wollte noch auf das Stück `Für immer Punk` zu sprechen kommen. Da habt Ihr ja einen Vierzeiler, glaub ich, drauf, und ich weiß nicht, habt Ihr das noch Mal gespielt? Selber?, oder hat’s so eigentlich keinen Sinn – das müssten dann eigentlich nur die Zitronen spielen, oder?

Fabsi: Wir haben’s nie gespielt. Das haben nur die Zitronen gespielt. Wir haben irgendwann Mal - zwischendurch haben wir mal „Porsche, Genscher, Hallo HSV“ gemacht, weil wir das eins der stärksten Stücke fanden, und es sehr ausdrucksstark war immer.

Link: Ok! Ja, wo siehst Du den Begriff „Punk“? – schon, noch im Krankenhaus, oder schon auf dem Friedhof?

Fabsi: „Punk“? Nirgendswo! „Punk“ ist immer da! „Punk“ ist ein luftleerer Raum. „Punk“ ist einfach, in dem Moment, wie man’s lebt. Ich muss wirklich sagen, es ist einfach. Viele sagen, was ist das? Kannst Du noch „Punk“ sein, mit 50? Ich sag, Hallo!? Es ist einfach ein Lebensgefühl! Es ist einfach. Da bin ich rein gekommen und fertig. Das ist auch, wenn einer sagt, ich bin Millionär, dann ist er Millionär. Fertig, nee? Kannste auch Abends sagen, ich bin Millionär!? Lotto King Karl ist Millionär - also es ist einfach ein Lebensgefühl, was da ist, und das werde ich persönlich, mit ins Grab nehmen. Das ist mein Gefühl, und da hoffe ich, das irgendwie ein paar andere Personen dies Gefühl, doch weitertragen.

Link: Das ist jetzt makaber, das zu fragen, aber weißt Du schon was für ein Lied auf Deiner Beerdigung gespielt wird?

Fabsi: Ja! „Teenage kicks“! Ich möchte das gleiche Stück wie John Peel haben! Von Undertones.

Link: Der ist jetzt leider verstorben.

Fabsi: Der ist leider verstorben, und der hat - war immer mit „Teenage kicks“. Als ich das gehört hab - ich hab mich also wirklich… Elly sagt, was ist los?, ich sagte John Peel ist gestorben, und da wusste sie direkt bescheid. Da ist Sie erstmal von mir, hat gesagt, ok. ich lass Dich alleine. O.K., und da hab ich mich eingeschlossen, hab wirklich den ganzen Tag nix gemacht. Nichts. Ich hab mich hingesetzt, hab wirklich alte Singles raus geholt und hab geheult wie’n Schlosshund. Weil John Peel hat bei uns auf ´m Sofa übernachtet. John Peel war direkt, nach dem schweren Unglück beim Highfield Stadion, wo Liverpool gegen Turin gespielt hat - danach kam er nach Bremen, weil er in Bremen immer Sendung gemacht hatte. Alle 4 Wochen. Da kam er an, war fix und fertig, lag auf meinem Sofa und hat sich ausgeheult. Und es war ein ganz, ganz großartiger Mann gewesen. Ganz, also er ist einer der auch, wo ich auch damals - damals mit so ´nem kleinen Radio, nee? Da saß ich davor, und hab dann John Peel gehört. Mein großer Bruder hat mir das damals eingestellt. Und der hatte dann all die Sachen, Pink Floyd und so Sachen gespielt. Und später den Punk-Rock mir richtig gegeben. Und ich hab auch soviel Mitschnitte noch von John Peel. Das ist eine große Ehre, mit diesem Mann einmal zusammenkommen zu dürfen, und deswegen…. Es ist auch, wie ich "Teenage Kicks" in London auch bekommen hab. Ich hab die Single - da kam einer an, zu meinem Plattendealer, am Piccadilly, und brachte diese Platte "Hong Kong Garden" von Siouxsie and the Banshees, und dann irgendwie von den Undertones das Stück. Und keiner kannte das Stück. Der Typ, der Verkäufer kannte es nicht, und der, der’s hingebracht hatte sachte: Oohhhrrr, das ´ne Band aus’m Norden! Ich sagte, die nehm ich mit, ja, nimm mit - 0,60 Cents damals, oder Pence. So hab ich sie mitgenommen. Leg die auf, und da sind im Ratinger Hof - da war jeden Sonntag immer - wer Platten kaufte in London, ist zum Ratinger Hof. Sonntags. Und da wurden die Platten aufgelegt. Ich hab ´ne Gänsehaut bekommen. Alle wie wir da standen – erstarrt! Was ist das? Was ist das? Dieser Sound! Und "Teenage kicks" is so ´nen Ding, vielleicht auch noch „Blitzkrieg Bop“ und die „Opel Gang“ würde ich auch gern hören. Die drei! Doch! Das ist´n gutes Stück - doch das ist ´ne gute Reihenfolge. Aber in der Reihenfolge dann auch. (Lachen)

Link: O.K.! Gab´s Tage in Deinem Leben, wo Du den Weg den Du gegangen bist, so ein bisschen verflucht hast?

Fabsi: Verflucht? - sagen wir mal, Du bist an die Grenzen gestoßen, ganz klar. Die Grenzen sind da, wo wir jetzt Familie haben, und Elly ist ja nun meine Frau, und die erste Gitarristin von den Mimmi’s. Wir sind seit dem 24.07.81 zusammen, und da sind wir an die Grenzen gestoßen. Wo Elly praktisch - wir haben ein Kind verloren im 3. Monat, also im 3./ 4. Monat ist es abgegangen. Und dann haben wir das 2. Kind verloren, wieder im 3. Monat, dann kam meine Pankreas hinterher und dadurch ging meine Firma richtig in die Knie. Wo dann auch, sagen ma mal, die Kumpels, die eigentlich da sein sollten, oder vielleicht, wo man gedacht hätte, sie wären da, waren’s nicht. Konnte man auch im Nachhinein vielleicht verstehen, weil man auch irgendwie… Ich hab auch mit manchen Kumpels darüber gesprochen. Die sagen, Du da war Selbstmord, wir wussten gar nicht, was wir mit Dir reden sollen. Deine Mutter begeht Selbstmord, wir hatten Angst irgendwie überhaupt, irgendwas, einen Satz zu sagen, weil wir nicht wissen, berührt es Dich. Nee? Da war z. B. ein Freund, der hat mir dann später erzählt - mit dem ich Fußball spiele, das seine Mutter auch Selbstmord begangen hatte. Und er hatte immer im Kopf, das er Schuld war, weil er in dem Zimmer mit war - also in der Wohnung, als kleiner Junge. Und er dachte, er könnte irgendwas machen. Aber, obwohl die Mutter ja den Weg gegangen ist, und das war…, das ist so ’n Ding, wo Du dann ´ne Grenze fühlst und sachst manchmal, warum bist Du das gegangen? Oder wenn Du beispielsweise, dann da sitzt, denkst, oh, wie geht’s jetzt weiter, nächsten Monat?, Du musst jetzt wieder das machen, Security Dienst, Tourbus verleihen. Jetzt stelle ich Food-Stände auf, bei Stadien, bei Konzerten. Ob das Rolling Stones sind, Robbie Williams, ob das das Hurricane-Festival ist…, und das mag ich unheimlich gern, mit diesen Menschen zusammen sein - generell mit Menschen zusammen und dann arbeiten, in diesem Musikbereich. Und da war mal so ´n Punkt, da sagste, ich würde gern am Fließband stehen. Komm nach Hause und sag Arsch-lecken! Nee, aber da kommt wieder so ´n Ding - Du sitzt jetzt hier, und kannst richtig laut Musik hören. Ist das geil! Und unterwegs zu sein und das Ganze, und den Kick, und mit so unglaublichen Musikern da oben, zusammen Musik zu machen, unterwegs zu sein. Und das jetzt bei den Konzerten, zu 50% Kids kommen… Wir waren ja im Osten, Ostdeutschland, zu 50% 16-18 jährige, kennen die Stücke und drehen komplett am Rad. Was willst Du mehr, als 50jähriger? Ist doch phantastisch! Und wir fühlen uns gar nicht alt. Und so lange ich noch irgendwelche, ich sag mal Supportingbands - nette Supportingbands wegpumpen kann, ist das gut! (Lachen) Bereuen kann man’s nicht. Nein. Es ist mal ein Punkt gekommen, da sagst Du…, es kam wirklich so’n Punkt, aber ich lebe nur einmal auf diesem Erdball! Nur einmal! Und wenn ich irgendwo da oben, wo er steht, stehe und er sagt, wo kommst Du denn her?, und ich sag, ich komm vom Konzert von der Monofaktur, war das nicht geil? Das war (leibhaftig), laut und geil, und die Anderen stehen da und sagen, wir haben noch gar nicht soviel…., wir haben unser Scheißleben hinter uns. Was? Es gibt doch nichts Schöneres, als hier unten zu sitzen und das zu leben!

Soundcheck.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Interview with Abdoujaparov,...
I still can't believe it, but I get an Interview with...
knopfloch-online - 9. Dez, 19:04
Festival der Volxmusik...
Es scheint, das sich mit diesem Abend für mich ein...
knopfloch-online - 12. Okt, 22:18
I'd a dream! A dream...
Tief in der Nacht, jenseits vom knalligen Alltag, hatte...
knopfloch-online - 17. Apr, 15:58
Abdoujaparov – Live in...
Durch dicht belaufene Straßen such ich meinen Weg,...
knopfloch-online - 9. Apr, 21:53
Fest van Cleef, 30.11.2012,...
Die Glückshormone tanzen immer noch im Kreis. Was für...
knopfloch-online - 1. Dez, 12:36

Links

Suche

 

Status

Online seit 4595 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 9. Dez, 19:04

Credits


Festival
Hinterm Vorhang
Interview
various ages
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren